28.2.07

Fette Milch macht fruchtbar

Der häufige Verzehr von fettarmen Milchprodukten kann Frauen unfruchtbar machen. Das geht aus der Analyse einer prospektiven Beobachtungsstudie in Human Reproduction (2007; doi:10.1093/humrep/dem019) hervor.

US-Forscher hatten die Daten der Nurses' Health Study II ausgewertet. An dieser Langzeitstudie nehmen 116.000 Krankenschwestern teil. Sie werden regelmäßig nach ihren Lebensgewohnheiten gefragt. 18.555 Teilnehmerinnen im Alter von 24 bis 42 Jahren hatten in einem der zahlreichen Fragenbogen angekreuzt, dass sie sich ein Kind wünschen, was während der 8-jährigen Nachbeobachtung nicht allen gelang. Nicht wenige begaben sich in die Behandlung eines Reproduktionsmediziners.

Bei 438 Frauen wurde die Diagnose einer anovulatorischen Infertilität gestellt. Der Grund für das Ausbleiben des herbeigesehnten Eisprungs könnte in der Angewohnheit vieler Teilnehmerinnen gelegen haben, bevorzugt zu fettarmen Milchprodukten zu greifen, um wenigstens vor der Schwangerschaft ihre schlanke Linie zu bewahren.

Nach der Analyse von Jorge Chavarro von der Harvard School of Public Health hatten Frauen, die zweimal am Tag fettarme Milchprodukte verzehrten, ein um 85 Prozent höheres Risiko auf eine anovulatorische Infertilität als Frauen, die höchstens einmal pro Woche auf die „Fettbremse“ traten. Wenn Frauen dagegen einmal pro Tag ein Milchprodukt mit hohem Fettgehalt verzehrten, sank das Risiko auf eine anovulatorische Infertilität um 27 Prozent.

Es handelt sich um die erste Studie zum Einfluss von fettarmer Milch. Da jedoch aus medizinischer Sicht nichts gegen den Verzehr von Milchprodukten mit hohem Fettgehalt spricht, fällt es Chavarro nicht schwer, Frauen mit Kinderwunsch zum Verzicht auf fettarme Milchprodukte zu raten. Vollmilch und Eis seien in Ordnung, solange die Frauen sich weiter ausgewogen und nicht zu hoch kalorisch ernährten. Chavarro könnte sich durchaus vorstellen, dass der hohe Fettgehalt der Milch sich günstig auf die Funktion der Ovarien auswirkt.

Einschränkend muss hinzugefügt werden, dass die Halbwertzeit von Erkenntnissen aus Beobachtungsstudien oft kurz ist. Chavarro hatte die Studie durchgeführt, um eine frühere Vermutung zu prüfen, nach der Frauen mit Kinderwunsch auf Milchzucker verzichten sollten. Dies konnte er nicht bestätigen. Auch die Zufuhr von Kalzium, Phosphaten und Vitamin D hat nach der neuen Studie keinen Einfluss auf das Risiko einer anovulatorischen Infertilität.

7.2.07

USA: „Spermiensortierung“ zur Geschlechtsselektion

Das American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) hält die gezielte Auswahl des Geschlechts von Kindern in der In-vitro-Fertilisierung nur bei begründeter medizinischer Indikation für ethisch vertretbar. In Ethics in Obstetrics and Gynecology (Ausgabe Februar 2007) werden die Gynäkologen aufgerufen, sich „sexistischen“ Wünschen der Eltern zu verweigern.

Die Auswahl des Geschlechts ist seit längerem mit der Ultraschalluntersuchung möglich. Das hat in einigen Ländern, in denen aus kulturellen Gründen männliche Nachfahren bevorzugt werden, dazu geführt, dass Feten nur deshalb abgetrieben werden, weil sie das falsche, in der Regel weibliche Geschlecht haben. Offenbar sind dies keine Einzelfälle: In China kamen im Jahr 2005 auf 100 neugeborene Mädchen 118 Jungen.

In westlichen Ländern sind derartige Praktiken verpönt, was aber nicht ausschließt, dass dennoch viele Eltern eine Wunschvorstellung vom Geschlecht ihres Kindes haben, vor allem wenn diese Wunschvorstellung beim ersten oder zweiten Kind nicht erfüllt wurde. Einem Schwangerschaftsabbruch dürften sich alle Ärzte widersetzen, zumal dies strafbar ist. Bei der In-vitro-Fertilisierung ist die Situation nicht überall klar geregelt und die ethischen Widerstände der Ärzte sind nicht unüberwindbar.

Eine zuverlässige Geschlechtsbestimmung ist bei der Präimplantationsdiagnostik möglich, bei dem dem Embryo wenige Tage nach der Befruchtung im Reagenzglas und vor der Implantation in den Uterus eine Zelle entnommen wird. Die dadurch ermöglichte Geschlechtsselektion wird von der American Society for Reproductive Medicine (ASRM) eher halbherzig abgelehnt. Als Methode zur Familienplanung sollten die Mitglieder den Eltern davon abraten, urteilte das Ethikkomitee der ASRM vor wenigen Jahren (Fertil Steril. 2004; 82 Suppl 1: S245-8).

Die Formulierung „should be discouraged“ wird von vielen Reproduktionsmedizinern aber eher als „nicht strengstens verboten“ interpretiert und immer mehr Institute bekennen sich auch öffentlich dazu, dass sie auf Nachfrage solche Untersuchungen durchführen. Ein Reproduktionsmediziner aus Kalifornien, der drei Kliniken betreibt, meinte gegenüber der New York Times, man bevorzuge es als Methode zur „Familienbalancierung“, er habe aber noch niemals eine Frau zurückgewiesen, die schon beim ersten Kind eine klare Vorstellung von dessen Geschlecht gehabt habe.

Die Reproduktionsmediziner versichern, dass dies das Geschlechterverhältnis in den USA nicht wie China verändern würde. Das klingt auch glaubhaft, denn bei Preisen von circa 20.000 Dollar für die Gesamtbehandlung bleibt ein Baby mit Geschlecht der Wahl ein exklusiver Wunsch, den sich nur wenige erfüllen können.

Dies könnte sich bald ändern, denn für (noch) 4.000 bis 6.000 US-Dollar bietet die Firma Genetics & IVF Institute in Fairfax Virginia eine präkonzeptionelle Geschlechterauswahl an. Mittels Flowzytometrie, so verspricht die Firma auf ihrer Internetseite, ließen sich Spermien mit einem X-Chromosom zu 88 Prozent und Spermien mit einem Y-Chromosom zu 73 Prozent erkennen. Gegenüber den Medien werden noch höhere Werte genannt, und bei mittlerweile mehr als 1.000 Schwangerschaften will das Institut mit der MicroSort® genannten Methode das Geschlecht des Kindes vorbestimmt haben. Die Methode ist nicht von der FDA zugelassen. Die Firma führt die Geschlechtsselektion deshalb im Rahmen klinischer Studien durch und verstößt offenbar nicht gegen geltende Gesetze.

Ethische Bedenken sieht die Firma nicht. Auch die ASRM hat eine permissive Haltung eingenommen. Man betrachte die Spermiensortierung als Methode zur „Familienbalancierung“ für ethisch gerechtfertigt, urteilte das Ethikkomitee.

Die ACOG als Dachverband aller Gynäkologen und Geburtshelfer hat sich von dieser laxen Haltung jetzt distanziert. „Familienbalanzierung“ dürfe kein Grund für die Bestimmung des Geschlechts sein, heißt es in einer Stellungnahme. Die ACOG hält die Geschlechtsselektion nur bei bestimmten Erbfehlern für vertretbar. Als Beispiel wird die Hämophilie genannt. Die männlichen Kinder einer Konduktorin haben dabei ein 50-prozentiges Risiko, die Bluterkrankheit zu erben. Eine Postfertilisationsdiagnostik und ein Selektion von weiblichen Kindern für die IVF sei vertretbar.