6.5.06

Mehr Zwillinge durch Folsäure?

Während die US-Regierung momentan über die Einführung von mit Folsäure angereichertem Mehl nachdenkt, zeigen die Ergebnisse einer aktuellen Studie, dass eine solcher Zusatz die Zahl der Zwillingsgeburten nach In-Vitro-Fertilisation (IVF), bei denen mehr als ein Embryo transferiert wird, erhöhen könnte. IVF ist eine populäre Behandlungsmethode bei Unfruchtbarkeit, doch trotz neuerer Fortschritte führt nur einer von fünf Behandlungszyklen zu einer Schwangerschaft und einer Lebendgeburt. Die meisten IVF-Fachleute versuchen die Schwangerschaftsraten zu erhöhen, indem sie nach jedem Zyklus mehrere Embryonen einpflanzen. In Großbritannien, wo in der Regel zwei Embryos transferiert werden, führt jede vierte IVF-Behandlung zur Geburt von Zwillingen. Zudem wird allen Frauen, die eine Schwangerschaft anstreben, geraten, bis zur 12. Schwangerschaftswoche Folsäure als Nahrungszusatz einzunehmen, um Neuralrohrabnormalitäten wie die Spina Bifida zu vermeiden. Da angenommen wird, dass die Hälfte der Schwangerschaften in Großbritannien nicht geplant ist, können viele Frauen nicht früh genug mit der Einnahme beginnen. Daher stammt der Vorschlag, auch in Großbritannien Nahrungsmittel mit Folsäure anzureichern.

Paul Haggarty und Kollegen vom Rowett Research Institute and Department of Obstetrics and Gynaecology der Aberdeen University in Großbritannien schlossen 602 Frauen nach einer IVF-Behandlung in eine prospektive Vergleichsstudie ein. Dazu setzten die Forscher die Aufnahme von Folsäure über die Nahrung und Nahrungsergänzungsmittel, die Blut-Folsäure-Werte und Variationen in sechs Genen, die mit dem Folsäuremetabolismus zusammenhängen, in Relation zum Ergebnis der IVF-Behandlung.

Die Ergebnisse zeigen, dass Zwillingsgeburten nach dem Transfer zweier Embryonen im Zusammenhang mit hohen Folsäurespiegeln im Plasma und niedrigem Alter stehen, doch dass ein hoher Folsäurelevel die Chance für eine erfolgreiche Schwangerschaft nach einer IVF nicht erhöhte. Dieses Ergebnis stimmt mit den aktuellen Erfahrungen in den USA überein, wo die Anreicherung von Mehl mit Folsäure im Jahr 1998 mit einer 11- bis 13-prozentigen Erhöhung der Mehrgeburtenhäufigkeit nach einer Fertilitätsbehandlung einherging.

Die aktuelle Studie stellte auch einen Zusammenhang zwischen einem der Gene, dessen Produkt eine Rolle im Folsäuremetabolismus spielt, und dem Erfolg einer IVF-Behandlung fest. Die Autoren diskutieren die Auswirkungen dieser Ergebnisse auf weitere Forschungen und Fertilitätsbehandlungen.

Dr. Haggarty erklärt: "Unsere Ergebnisse lassen vermuten, dass die hohe Wahrscheinlichkeit einer Zwillingsgeburt im Zusammenhang mit einer Unfruchtbarkeits-Behandlung reduziert werden könnte, ohne die Rate der Lebendgeburten zu senken, indem man Frauen dazu ermutigt, die empfohlenen Dosen an Folsäure nicht zu überschreiten." In einem Begleitkommentardiskutiert Gary Steinman die Auswirkung der Ernährung auf die Raten an Zwillingsgeburten auf der ganzen Welt.

Quelle: P Haggarty and others. Effect of B vitamins and genetics on success of in-vitro fertilisation: prospective cohort study. Lancet 2006; 367: 1513

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