21.12.05

60 Prozent wenige IVF-Behandlungen

Vor zwei Wochen fand der erste Kongreß des "Dachverbandes Reproduktionsbiologie und -medizin" (DVR) in Münster statt. Hauptthema war die Gesundheitsreform, die zum 1.1.2004 in Kraft trat. Seitdem müssen gesetzlich versicherte Paare die Hälfte der für eine Behandlung anfallenden Kosten selbst übernehmen. Und das auch nur bei maximal drei Versuchen. Paare, welche mehr als diese drei versuche benötigen, Frauen, die jünger als fünfundzwanzig oder älter als vierzig sind, müssen alles selbst bezahlen.

Pro Behandlungszyklus betragen die Kosten einer gewöhnlichen In-vitro-Fertilisation im Reagenzglas im Schnitt 2800 Euro, bei einer Mikroinjektion des Samens in die Eizellen rund 3400 Euro. Oft sind allerdings mehere Behandlungen notwendig. So wurden bei knapp 39400 Frauen im vorigen Jahr wurden insgesamt 61.724 Behandlungen durchgeführt.

Die Folgen der Gesundheitsreform lassen sich daher auch klar erkennen: Innerhalb eines Jahres, von 2003 auf 2004, dem erste Abrechnungsjahr der Gesundheitsreform, sank die Zahl der Behandlungszyklen um insgesamt fast sechzig Prozent. Im Jahr 2003 waren es noch knapp 25000 konventionelle IVF-Behandlungen, im Jahr danach nur noch knapp 11.800. Gleichzeitig ging die Zahl der in den rund 120 deutschen Reproduktionszentren vorgenommenen ICSI-Mikroinjektionen von etwa 51.000 auf rund 25.000 zurück. Im Ergebnis sank die Geburtenzahl durch künstliche Befruchtungen um annähernd achttausend Kinder. "Das entspricht nahezu der jährlichen Geburtenrate einer Millionenstadt wie Köln", sagte Franz Geisthövel vom DVR in Münster. Statt der 17.606 Kinder, die im Jahr 2003 durch künstliche Befruchtung in Deutschland geboren wurden, waren es bis zum Ablauf des vergangenen Jahres nur knapp 9800 Retortenkinder.

Dem Fortpflanzungstourismus ins billigere Ausland, nach Tschechien, Polen, Belgien, Spanien oder England, etwas entgegenzusetzen, soll etwas entgegengesetzt werden. Zumindest gaben die Reproduktionsmediziner in Münster als Ziel aus, daß "trotz des restriktiven Embryonenschutzgesetzes und trotz des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes ein von ungewollter Kinderlosigkeit betroffenes Paar in Deutschland nicht schlechter behandelt wird", wie es im neuen IVF-Register zusammenfassend heißt. Der aktuelle Vergleich mit den Zahlen aus Österreich für den selben Zeitraum ergeben tatsächlich auch keine schlechteren Erfolgsraten totz liberalerer Gesetze in unserem Nachbarstaat.

Es wurde befürchtet, dass sich aufgrund des Kostendrucks, unter dem die Paare stehen, eine erhöhte Mehrlingsgefahr einstellen würde, da die Paare aufgrund der Kosten mit einer höheren Risikobereitschaft mehr Embryonen zurückbekommen möchten. Diese Befürchtungen konnten erfreulicherweise entkräftet werden. Tatsächlich ist der Anteil der Zwillingsgeburten auf knapp zwanzig Prozent und der von Drillingen auf 1,2 Prozent weiter leicht gesunken.

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